Das neue SPÖ-Modell für BürgerInnenbeteiligung in Oberösterreich
Unterschiedliche Regelungen verunsichern BürgerInnen
Die unterschiedlichen Regelungen zur BürgerInnen-Beteiligung auf Gemeinde- und Landesebene führen bei vielen BürgerInnen zu Verwirrung und Unverständnis. So sind beispielsweise bislang 25 Prozent der Wahlberechtigten einer Gemeinde notwendig, um eine BürgerInnen-Befragung einzuleiten. Auf Landesebene liegt diese Hürde bei 8 Prozent, die jedoch aufgrund der strengen Anforderungen (notarielle bzw. behördliche Beglaubigung) und der hohen Gesamtzahl von mehr als 80.000 Unterschriften kaum bewältigbar sind.
Neues SPÖ-Modell verbindet Land und Gemeinden
Die wichtigsten Kriterien für erfolgreiche BürgerInnen-Beteiligung in Oberösterreich sind daher eine verständliche Systematik und ein leichterer Zugang. Beides sind bestimmende Elemente des neuen SPÖ-Modells.
BürgerInnen-Initiative in Gemeinden und Land mit 2 Prozent der Wahlberechtigten:
- Sobald eine BürgerInnen-Initiative von mehr als 2 Prozent der Wahlberechtigten unterstützt wird, soll sie verpflichtend im Landtag, bzw. im Gemeinderat behandelt werden.
- Damit würde die aktuelle Hürde auf Landesebene von 3 auf 2 Prozent reduziert.
- Auf Gemeindeebene existiert dieses Instrument derzeit noch nicht und würde die Palette der kommunalen BürgerInnen-Rechte somit bereicher
Landes- und Gemeinde-BürgerInnen-Befragung ab 4 Prozent der Wahlberechtigten:
- Was im allgemeinen Sprachgebrauch unter den Begriff „Volksbefragung“ fällt, wird im neuen SPÖ-Modell auch vereinheitlicht und soll auf der jeweiligen Ebene ab 4 Prozent der Wahlberechtigten zur Anwendung kommen.
- Für die Gemeindeebene bedeutet das eine Reduzierung der Zugangshürde von 25 auf 4 Prozent.
- Für die Landesebene ergibt sich eine Halbierung der Zugangshürde von 8 auf 4 Prozent.
- Das erfolgreiche Modell der Stadt Leonding soll allen Gemeinden angeboten werden.
- Im BürgerInnen-Beteiligungs-Beirat sind zur Hälfte GemeinderätInnen und zur Hälfte andere
- BürgerInnen der Gemeinde nach zufälliger Auswahl vertreten.
- Dieser Beirat ist primär zuständig für BürgerInnen-Beteiligung und arbeitet konkrete
- Lösungsmöglichkeiten für die jeweiligen Begehren aus.
- Auch BürgerInnen-Befragungen bearbeitet der BürgerInnen-Beteiligungs-Beirat
Zur Umsetzung dieser Maßnahmen in der Praxis wird eine Gesetzesänderung der Oö. Gemeindeordnung erforderlich sein. Die SPÖ wird diese Gesetzesänderung noch im Herbst beantragen, um eine Beschlussfassung vor den Landtagswahlen im kommenden Jahr zu ermöglichen.
„Ich bin überzeugt, dass der Baum Oberösterreich mit diesen neuen BürgerInnen-Rechten viele frische Triebe entwickelt“, ist Landeshauptmann Stellvertreter Entholzer sicher.
SPÖ-Klubvorsitzender Christian Makor: „Offenheit bereichert die politische Arbeit“.
Der SPÖ-Landtagsklub beschäftigt sich bereits über zahlreiche Monate hinweg mit dem Thema BürgerInnen-Beteiligung und hat dabei den intensiven Dialog mit VertreterInnen der Städte und Gemeinden gesucht.
Statutarstädte gaben Initialzündung
„Eine zentrale Triebfeder unserer Initiative war der Vorstoß der Stadt Linz, die für niedrigere Zugangshürden eintritt und sogar Instrumente wie die Volksbefragung oder die Volksabstimmung, die bislang nur dem Gemeinderat zugestanden sind, für die Bevölkerung öffnet“, so SPÖ- Klubvorsitzender Makor.
Auch die Initiativen von Wels und Steyr gehen in eine ähnliche Richtung wie die Stadt Linz, was der Vereinheitlichung der unterschiedlichen Systeme dient. Die konkreten Reformvorschläge der Statutarstädte liegen bereits beim Oö. Landtag auf und werden derzeit im
Unterausschuss Stadtstatute beraten.
„Inhaltlich gehen die Vorschläge der Statutarstädte in eine ähnliche Richtung wie das SPÖ-Modell. Als Bezugsbasis dient dort jedoch kein Prozentwert, sondern die Wahlzahl für Gemeinderäte“, informiert Klubvorsitzender Makor.
SPÖ-Klub bringt neues Modell bei der Landtagssitzung am 25. September 2014 ein
„Um eine strukturelle Reform, die sowohl Landes- wie auch Gemeindeebene umfasst, noch rechtzeitig vor den Wahlen im Jahr 2015 durchzubringen, wird es positiven Gestaltungswillen von allen Fraktionen erfordern“, bringt es der SPÖ-Klubvorsitzende auf den Punkt. Es werden Abstimmungen mit Gemeinde- und Städtebund ebenso erforderlich sein, wie vertrauensbildende Maßnahmen bei einzelnen Gemeinden. „Wer dem leichteren Zugang zur BürgerInnen-Beteiligung skeptisch gegenübersteht, den lade ich zum Dialog mit jenen Gemeinden ein, die hier Vorreiter sind“, so Makor.
Insbesondere das Modell der Stadt Leonding mit dem vom Institut Retzl entwickelten BürgerInnen-Beirat hat sich besonders gut bewährt. Die hohe Zufriedenheit mit diesem Modell war für die SPÖ auch ausschlaggebend sie in das SPÖ-Modell für Oberösterreichs Gemeinden aufzunehmen.
Ausnahmeregelungen von Statutarstädten sollen auch für Gemeinden gelten
Bereiche wie Personelles, Finanzielles und behördliche Entscheidungen können schon bisher in den drei Statutarstädten nicht Gegenstand einer gültigen BürgerInnen-Initiative sein. Diese Ausnahmeregelungen sollen gemäß dem SPÖ-Modell auch für Gemeinden gelten. „Das auf Gemeindeebene neue Instrument der BürgerInnen-Initiative muss natürlich auch mit Schutzbestimmungen ausgestaltet werden“, so Makor.
Aktuell findet BürgerInnen-Beteiligung im Oö. Landtag primär über Petitionen statt
Die Petition ist ein niederschwelliges Instrument, mit dem sogar eine Einzelperson gegenüber dem Landtagsausschuss initiativ werden kann. Doch auch dieses Instrument ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt und wird daher vornehmlich von Gremialstrukturen – z.B. Gemeinderäten – genutzt, um politische Appelle und Ersuchen an das Land heranzutragen.
Bürgermeister Mag. Walter Brunner (Leonding): „Gemeindepolitik gelingt durch BürgerInnen-Beteiligung besser“.
Wo der Kontakt zur Bevölkerung abreißt, dort beginnt für die Politik der Elfenbeinturm. In der Folge wird sie aber nicht mehr verstanden und kann keine positiven Wirkungen mehr entfalten. Es braucht daher das Miteinander, wie das in erfolgreichen Gemeinden schon bisher – mit oder ohne Struktur – gepflogen wurde. Der BürgerInnen-Beteiligungs-Beirat hat das Potential für weitere Verbesserungen zu sorgen“, argumentiert der Leondinger Bürgermeister Mag. Walter Brunner.
Der inhaltliche Dialog über BürgerInnen-Anliegen fördert die Wertschätzung und sorgt für besseres Verständnis auf beiden Seiten. „Eine BürgerInnen-Initiative ist im Regelfall ein Beitrag zur positiven Mitgestaltung und soll auch als solche wahrgenommen werden“, so Brunner.
Ablauf des BürgerInnen-Beteiligungsverfahrens in Gemeinden
- Das BürgerInnen-Beteiligungsverfahren startet laut SPÖ-Modell im BürgerInnen-Beteiligungs-Beirat (falls ein solcher eingerichtet ist). Dort wird die formale Zulässigkeit der BürgerInnen-Initiative geprüft. Dazu gehört die Prüfung der Hauptwohnsitze der UnterzeichnerInnen.
- Der BürgerInnen-Beteiligungs-Beirat kann dann eine moderierte Themengruppe einsetzen, in der in einem Zeit- und Arbeitsplan das Anliegen inhaltliche bearbeitet wird. Dabei können auch betroffene BürgerInnen (z.B. Jugendliche, Ehrenamtliche, Künstler,…) eingebunden werden.
- Die Themengruppe kann auch BürgerInnen-Gutachten in Auftrag geben, um eine objektives Meinungsbild der Gesamtbevölkerung zu erhalten.
- Die Ergebnisse fließen dann in die Entscheidungsfindung des Gemeinderats ein.
Unterschriften auch ohne Notar gültig
Bei den neuen Formen der BürgerInnenbeteiligung ist darauf zu achten, dass die Gemeinden weder organisatorisch noch finanziell überfordert werden. Dazu tragen einige Sonderregelungen im neuen SPÖ-Modell bei:
- Gemeinden erhalten die Möglichkeit auch mehrere Befragungen an enem Tag abzuhalten.
- Befragungen können auch mit einem Wahltag kombiniert werden.
- Die Bildung eines BürgerInnen-Beteiligungsbeirats ist freiwillig.
- Unterschriften für BürgerInnen-Initiativen müssen in Hinkunft nicht mehr notariell beglaubigt oder am Gemeindeamt geleistet werden. Name, Geburtsdatum, Adresse und Unterschrift reichen zur Unterstützung aus.